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Mit Kaffee zum Ozean – Gewohnheiten durchbrechen

Morgens, irgendwo zwischen halb 8 und halb 9. Ich falle aus meinem Wand-Klappbett (weil mein Apartment selbst für ein normales Bett zu klein ist). Ich haste ins Bad (das heißt, ich mache 2 Schritte).

Stelle einen Kaffee an.

Fahre die Rollläden hoch. Bemerke kurz, dass ich am Atlantik wohne und den tiefblauen Ozean in der perfekten Morgensonne sehen kann – von meinem Fenster aus.

Ich wende den Blick ab und setze ich mich an den Schreibtisch. Klappe den Laptop auf. Scrolle mechanisch durch meine Mails.

Und dann durchzuckt mich ein Gedanke:

„Scheiße man, du wohnst am Atlantik. Es hat dich Schweiß, Geld und ’ne Menge Nerven gekostet“ (wahrscheinlich doch mehr Geld als Nerven, schwer zu messen).

Draußen geht die Sonne auf und taucht die Welt in dieses wunderbare Licht, das alles wieder gut macht. Und ich sitze da und klappe als erstes einen elektrischen Kasten auf, um in eine stressige Parallelwelt abzutauchen. Weil ich denke, ich habe keine Zeit, um die 200 Meter an den Strand zu laufen. Was zur …?

… Und dann geht ganz großes Kino los. Ärmel werden hochgekrempelt. Das Cape angelegt (eine Jacke, in meinem Fall).

Ich klappe den Laptop wieder zu. Ich werde sie durchbrechen, die Mauer der ewigen Gewohnheiten!

Ich stehe auf, nehme meine Kaffeetasse, und latsche zum Strand. War gar nicht so schwer.

Ich lasse meinen Blick schweifen: Ich sehe den Ozean, den Horizont, den Himmel, die Wolken. Ich sehe den Strand, die Weite, ein paar Menschen, ein paar Hunde. Ich sehe die Düne und die Gräser.

Dann schließe ich meine Augen. Ich rieche Meeresluft. Salz. Frische. Ich rieche die Pinienwälder.

Ich fühle einen leichten Wind. Ich fühle die Strahlen der aufgehenden Sonne, sie wärmen mich von außen. Der Kaffee übernimmt die Wärme für Innen (und das Wachwerden).

Ich höre den Wind in meinen Ohren, aus der Ferne die Hunde bellen, ein paar Möwen. Irgendwo unterhalten sich Menschen auf Französisch. Ich höre den rauschenden Ozean. Ich atme ein, und wieder aus.

Ich öffne die Augen. Dann spüre ich ein angenehmes Kribbeln. Dankbarkeit. Oder das Koffein. Bleiben wir bei der Dankbarkeit. Dafür, dass ich mich dazu entschieden habe, nach Frankreich zu gehen und am Meer zu arbeiten. Aber auch Dankbarkeit dafür, dass ich es endlich geschafft habe, das wertzuschätzen und zu nutzen und mir diese 10 Minuten am Morgen zu nehmen. Für mich.

Großes Kino wieder vorbei. Ich latsche zurück.

Danach setze ich an meinen Laptop und beginne zu arbeiten. Ich bin immer noch der gleiche Mensch, aber meine Aufmerksamkeit ist eine andere. Ich bin entspannter, die Mails und Calls haben nicht mehr so viel Gewicht. Sie sind in ihrer Wichtigkeit irgendwie geschrumpft, ohne dass ich sie an sich weniger wichtig nehme … falls das Sinn ergibt.

Ich denke darüber nach, warum es mir manchmal so schwerfällt, regelmäßig das zu tun, was mir offensichtlich guttut. Warum ich immer wieder E-Mails, und Calls und Nachrichten als wichtiger erachte, als mein eigenes Wohlbefinden in dem jeweiligen Moment.

Warum es sich immer noch so anfühlt, als würde ich mir „etwas genehmigen“, obwohl es eine völlig normale Sache ist, morgens als Erstes etwas für sich zu tun. Und das, obwohl ich freiberuflich arbeite und damit schon eine sehr hohe Flexibilität in meinen Arbeitszeiten genieße.

Ich beschließe, dass ich diese Flexibilität in der Gestaltung meines Arbeitstages noch besser nutzen möchte.

Gewohnheiten und Muster zu durchbrechen ist hart, steinhart in meinem Fall. Aber ich will es versuchen. Mit dem Hammer, wenn es sein muss. Oder mit vielen kleinen Hämmerchen. Jeden Tag einmal dagegen hauen, vielleicht.

Ich will. Mit Kaffee zum Ozean.

Der Strand und der Atlantische Ozean bei Mimizan-Plage in Frankreich


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